

Wir leben in einer Welt voller Ablenkungen. Das Smartphone vibriert. Die neue E-Mail erscheint im Popupfenster auf dem Bildschirm. Die Kollegin kommt mit einer Frage zum Projekt ins Büro. Das Telefon klingelt. Wir werden aber nicht nur unterbrochen, denn wir unterbrechen und lenken uns gerne auch selbst ab. Wir checken ständig das E-Mail-Postfach, schauen auf das Smartphone und halten beim kleinsten Leerlauf nach neuen Stimuli Ausschau. Diese Ablenkungen verhindert allerdings, dass wir Deep Work praktizieren können, also konzentriert an einer Sache arbeiten (Was ist Deep Work?). Die Kosten von Ablenkungen und Unterbrechungen vergessen wir meistens, oft kennen wir nicht einmal deren Preis.
Die Kosten ihrer E-Mailgewohnheiten
Wie viel kosten die E-Mailgewohnheiten der MitarbeiterInnen ein Unternehmen? Wie wirken sich diese auf den Nettogewinn aus? Weder die Unternehmen noch die MitarbeiterInnen wissen das in der Regel. Denn die Kosten sind kaum zu berechnen. Es ist ebenso schwierig zu zeigen, welcher Wert durch E-Mails erzeugt wird. Eine E-Mail, in der Informationen zum laufenden Projekt ausgetauscht werden, kann sehr wertvoll sein. Werden in dieser E-Mail aber noch 10 Personen in cc gesetzt, die der Inhalt wenig angeht, erhalten diese eine unnütze Mail.
Die Kosten für die Empfänger einer E-Mail
E-Mails kosten scheinbar nichts. Nur ein Tastendruck ist nötig und schon kann ich problemlos eine E-Mail an beliebig viele Menschen schicken. Doch wer macht sich Gedanken, welche Kosten für die Empfänger entstehen?
Kostenpunkt Zeit
Ablenkungen kosten Zeit. Eine E-Mail überfliegen und in einen Ordner packen etwa 30 Sekunden. Die Frage der Kollegin beantworten ein paar Minuten. Die Nachricht auf dem Sperrbildschirm des Smartphones lesen ein paar Sekunden.
Ablenkungen und Unterbrechungen erfordern aber auch, dass ich mich erneut konzentrieren muss und den Gedankengang vor der Unterbrechung neu aufbauen muss. Dies dauert etwa 15 Minuten pro Unterbrechung. Wenn Sie also vier Mal in einer Stunde unterbrochen werde, brauchen Sie allein eine Stunde, um den einen Gedankengang wiederaufzunehmen. In dieser Zeit denken Sie den Gedanken nicht weiter, Sie bauen ihn lediglich immer neu wieder auf.
Ablenkungen erzeugen aber auch weitere Kosten:
Kurze Aufmerksamkeitsspanne
Wenn ich ständig mein Postfach checke und auf mein Smartphone schaue, gewöhne ich mich an einer sehr kurze Aufmerksamkeitsspanne. Ich gewöhne mich ebenfalls daran, dass ich ständig die Aufgabe wechsle. Wenn ich mich nun am Schreibtisch konzentriert mit einem Thema beschäftigen will, hüpft meine Aufmerksamkeit immer wieder zum Smartphone und zum Postfach oder zu anderen digitalen Tools. Da könnte ja etwas Neues sein.
Reflexion und Mind Wandering
Wenn ich sofort zum Smartphone greife oder zu einem digitalen Tool wechsle, sobald ich einen kurzen Leerlauf habe, kann ich meinen Gedanken keinen freien Lauf lassen. Ich bin ständig mit einer äußeren Aufgabe beschäftigt. Erst die Reflexion und Mind Wandering ermöglichen es aber, zwischen komplexen Ideen Verbindungen herzustellen, neue Informationen zu verarbeiten und komplexe Probleme zu lösen. Gedankengänge brauchen einfach Zeit, bis sie sich entwickelt und Form angenommen haben.
Verlust von Fokus und Konzentration
Wenn ich mich ständig ablenke und abgelenkt werde, verliere ich die Fähigkeit zum konzentrierten Arbeiten und zu Deep Work. Konzentriertes Arbeiten ist nicht wie Fahrrad fahren. Es muss regelmäßig trainiert werden. Ich kann nicht von heute auf morgen meine Konzentration für eine Stunde hochhalten, wenn ich mich sonst ständig ablenke.
Denkanstöße
- Wie oft werden Sie am Tag unterbrochen?
- Wann unterbrechen Sie selbst ihre Arbeit, um beispielsweise E-Mails zu checken oder ins Internet zu gehen?
- Wie oft und wie schnell wechseln Sie die Tätigkeit während eines Tages?
Literatur
- Newport, Cal, Konzentriert arbeiten. Regeln für eine Welt voller Ablenkungen, München 2017.